Eine Geschichte in 3 Kapiteln
Ich stehe am Straßenrand und warte auf das nächste Auto. Kleine Mücken tummeln sich im Lichtschein über meinem Kopf und um die blinkenden Späti-Lichter hinter mir. Ein türkiser Trabi fährt scheppernd um die Kurve und bleibt vor mir stehen. Sind das lila Punkte auf dem Lack? Ich versuche, einen Blick auf den Fahrer zu erhaschen, doch durch die pink getönten Scheiben kann ich kaum etwas erkennen. Misstrauisch kneife ich die Augen zusammen und sehe mich um. Auf der einen Seite liegt die verlassene Weddinger Wohnstraße, auf der anderen die Kreuzung mit dem unwegsamen Kopfsteinpflaster. Sollte ich wegrennen? Weit würde ich wohl nicht kommen in meinen Stilettos.
Der Fahrer stellt den Motor des Trabis ab und öffnet von innen die Beifahrertür. „Steigste jetzt ein oder wat?“, krächzt es von der Fahrerseite. Ich zögere. Ob das eine gute Idee ist? Der Fahrer trommelt ungeduldig mit langen, spitzen Fingernägeln auf das Armaturenbrett.
„Jo, jetzt entspann dich doch mal“, sage ich mit aller Coolness, die ich aufbringen kann, und steige in das türkise Gefährt. Sofort hüllt mich ein betäubender, süßer Duft ein, mein Körper sinkt schwer in den dunkelvioletten Plüsch der Autositze. Benommen drehe ich den Kopf zur Seite und kann nun endlich einen Blick auf die Person hinter dem Steuer werfen. Ein kantiges, überschminktes Gesicht unter einem in unendliche Höhen auftoupierten, hellblonden Haarschopf grinst mir entgegen.
„Ick bin Marlene, jetzt guck doch nich so, Spatz. Tür zu und anschnallen.“
Dieses Kapitel wurde von S. M. Gruber geschrieben und am Freitag, 27. April 2018, 00:23 Uhr veröffentlicht. Es enthält 240 Worte.
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Marlene startet gekonnt den Motor, kickt den ersten Gang rein und fährt ohne sich umzuschauen rasant los. So rasant, wie es eben mit einem Trabi und zwei Personen möglich ist, ohne dass die Pappe bröselt. Gar nicht so einfach, sich in einem holpernden Höllengefährt anzuschnallen, stelle ich fest. Das Gurtschloss ist noch aus dem letzten Jahrtausend und entsprechend fummelig. Plötzlich spüre ich eine grosse Hand, die mich umklammert und den Gurt mir mir zusammen beherzt ins Schluss drückt.
„Mädel, dat musste schon n büschen randrückn. Iss ja nich mehr die jüngste, meine Kleine hier“. Die Stimme ist der Hammer, unwirklich rauh, hohe Tonlage aber es gibt diese ganz tiefen Vibrationen, die da mitschwingen. Marlene fährt so ruppig, wie sie spricht, aber mit einer Gekonntheit, die doch irgendwie Vertrauen einflösst.
„Wo geht es denn hin?“ höre ich mich selbst sehr zögerlich und ziemlich unsicher sagen. Ich bin immer noch benommen und mir kommt die ganze Sache wie eine fürchterlich schlechte Idee im Vorabendproseccogekicher vor. Was habe ich mir nur dabei gedacht, als ich diese Handynummer angerufen habe, die mir der süsse Barkeeper zugesteckt hat.
„Wie, wo jehtn det hin?“ kichert Malene.
„Spielste jetzt die Unschuld vom Lande, oder wa?“
„Äh…“, was soll ich denn jetzt sagen?
„Ich… ich hab gedacht, das ist so ne Art Party-Taxi und es geht in einen Club…“ versuche ich mich voranzutasten.
Marlene bremst abrupt, dreht ihr kantiges Kinn zu mir und schaut mich zum ersten Mal an. Misstrauisch. Ein bisschen böse.
„Wer hatn dir die Nummer jejebn? Ick globs ja nich, du hast würklisch keine Ahnung.“
Die Ampel wird grün.
Aber wir bleiben stehen.
Dieses Kapitel wurde von Magnus geschrieben und am Freitag, 27. April 2018, 11:39 Uhr veröffentlicht. Es enthält 282 Worte.
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Er kommt einfach nicht hinterher und wer stört jetzt schon wieder? Ein weisses M steht auf dem Display. Fuck!
„Ja, was is?“ „Manu, wen haste uns n da anjedreht?“ raunzt ihn die rauhe Stimme an.
Ok, war eine Scheiss-Idee. Diese Biene in den Stilettos hatte ihn wirklich beeindruckt. Mehr als sonst hatte er geschäkert und in dem noch leeren Laden mehr Zeit mit der Kundin verbracht, als am Tresen gestanden. War ja noch nicht viel los, kann man sich ja mal ein bisschen unterhalten. Geht früh genug wieder voll los. Ein bisschen will man ja trotz Bardienst auch seinen Spass haben.
Die Biene hatte erzählt, dass sie singt. Im Chor, ok, aber ihre sahnige Stimme hatte doch irgendwie Gänsehaut in seinem Nacken entstehen lassen. Sie hatten sich länger über Musik unterhalten. Was er mag, was sie mag, wohin sie will. Ja, und er hatte sie auf mehrere Prosecco eingeladen und sich auch einen genehmigt. Er hätte ihr mehr erklären sollen.
„Marlene, die kann sicher Sanni ersetzen. Sie hat noch keine Ahnung, weil ich nicht zu viel verraten wollte, aber nimm sie mit und bringe es ihr schonend bei.“ „Manu, biste eijentlich kompletti bescheuert?!? Wie soll ick denn mit dem ahnungslosen Spatz hier zu Roschee reinkommn?“ Marlene war sauer, das war nicht zu überhören.
„Sag einfach, dass dir die Agentur nen Neuling aufs Auge gedrückt hat und gib ihr ne Schnellbleiche. Das wird schon.“ „Nee, dit wird nischt!“ schnitt ihm Marlene das Wort ab. „Ick schmeiss die jetzt raus und lass den Laden hochjehen. Kannste dann selbst sehen, wie de dat wieder hinbiechst.“ Klack.
Oh weia.
Dieses Kapitel wurde von Cory Nagöre geschrieben und am Samstag, 15. Oktober 2022, 22:59 Uhr veröffentlicht. Es enthält 288 Worte.