Crash Boom Bäng!

„Funny the way it is“ von der Dave Matthews Band. Er mag diese Virilität, dieses virtuose Chaos, diese mal fein austarierten und dann wieder massiv zusammenprallenden Soundperlen, die die fünf unglaublich fantasiereichen Musiker aus den Südstaaten regelmässig zusammen produzieren und die sie erst auf CDs und dann zum Online-Kauf veröffentlicht haben. Er hat mehrere ihrer Alben auf der Festplatte seines Autoradios gespeichert und manchmal, wenn er alleine unterwegs ist, findet er die Gelegenheit, laut aufzudrehen, so laut, dass er das Auto nicht mehr hört, nicht mehr den Wind, der am Wagen zerrt, nicht mehr die Luft, die er mit mehr als 170 Stundenkilometern zerschneidet, nicht mehr die Strasse, die unter ihm dahinfliegt, die ihn leitet, die er aber jederzeit verlieren könnte.

Es wird langsam dunkel. Die Wipfel des Walds durch den er gerade rast, werden schwarz, er kann keine Äste oder Blätter in dunkelgrün graubraun mehr erkennen, es verwischt in einheitliches Schwarz und über ihm färbt sich der Himmel von mittelblau zu einem tiefen dunkelblau zum Horizont hin in blutiges Orangerot übergehend.

„Why I am?“ fragt Dave Matthews über die pulsierende Basedrum hinweg. Warum gibt es mich? fragt er sich auch. Was mache ich hier? Wohin soll das führen? Wie lange will, wie lange kann ich das noch ertragen? Zum Nachdenken kommt er in letzter Zeit nur noch, wenn er ab und zu die Familie verlassen kann, weil es eine Ausrede gibt, weil ein geschäftlicher Termin eine Reise erfordert, weil er Stunden im Auto von dem engen, banalen „Zuhause“ in eine andere Stadt weit weg zischt, meistens abends, lange nach dem der übliche Berufsverkehr sich zur Ruhe begeben hat.

Die angenehmsten Fahrten sind die, auf denen ihm kaum ein anderes Fahrzeug begegnet oder mit ihm die Spuren teilt. Fahrten in wenig bewohnte Gebiete, auf’s Land oder an den Rand des Landes. Er liebt die Einsamkeit in diesen Gegenden. Er liebt es, in die Landschaft zu sehen und keine Spur von menschlicher Existenz ertragen zu müssen. Selten genug, aber wenn es gelingt, stellt er sich vor, er wäre alleine hier. Alleine, auf sich gestellt, keine weitere Menschenseele in der Nähe, nicht mal in weiter Entfernung. Auf eine Anhöhe zu fahren und über Felder oder besser noch Wälder zu schauen, die unberührt scheinen. Keine Häuser, keine Strassen, keine Leitungen, keine Wege, nichts, was an Menschen erinnert.

Plötzlich drehen sich die roten Rücklichter weit vor ihm in eigenartigen Schlenkern und er hat blitzartig weisse, blendende Scheinwerfer vor sich. Scheisse! Der reflexartige Tritt mit voller Wucht auf die Bremse wird vom Auto noch verstärkt, es wirft ihn in den Gurt und er spürt das unangenehme Stottern des Bremssystems unter seiner Fusssohle. Brems! Wo ist dieser bescheuerte Wagen vor im hin? Es ist zu dunkel und er ist viel zu schnell.

Quietschen, mehrere dumpfe Schläge, er fliegt im Sitz hin und her und schlägt sich den Kopf seitlich am Türrahmen, Strasse ist das nicht mehr, was sein Auto unter den Rädern hat. Halt doch endlich an! fleht er stumm und mit blutiger Lippe in die Richtung seines Lenkrads.

Dieses Kapitel wurde von Magnus geschrieben und am Mittwoch, 25. April 2018, 16:13 Uhr veröffentlicht. Es enthält 506 Worte.

Alle Kapitel bis hier

Du kannst die Geschichte fortsetzen und dein eigenes Kapitel schreiben.

Zuerst schreibst du einen Satz, der als Appetitanreger für ein Weiterlesen unter dem letzten Kapitel angezeigt wird.


Ein neues Kapitel 2 beginnen
   Abbrechen