Ich habe bisher nur Sachtexte zusammen mit anderen geschrieben, bin aber überzeugt, dass das mit Literatur auch geht – analog zu den im Filmgeschäft üblichen Writers' Rooms. Da hinken wir noch hinterher, aber das hat sicher auch damit zu tun, dass es seit gerade mal 12 Jahren Werkzeuge für das gleichzeitige Arbeiten am Text gibt.
Ich glaube außerdem, dass viele bisherige Experimente falsch ansetzen, nämlich bei der Vorstellung, dass die Beteiligten hintereinander am Text arbeiten sollen. Bei allen Formen der Zusammenarbeit, also auch z.B. bei Software oder Citizen-Science-Projekten, muss sich die Aufgabe in sinnvoll von Einzelnen bearbeitbare Teile zerlegen lassen. Ich vermute die Trennlinien da nicht bei den Absätzen oder Kapiteln wie bei einem Knickzettelspiel, sondern eher in Aufgabenbereichen (Idee, Plot, Figurenentwicklung Dialog, Landschaftsbeschreibung, Überarbeitung, stilistische Feinheiten etc.) Und mir kommt der Versuch, gemeinsam mit ganz Fremden zu schreiben, wenig aussichtsreich vor, weil man dann zu oft über Grundlagen streiten und zu viele Kompromisse schließen muss. Am Ende finden alle Beteiligten das Ergebnis nur mittelmäßig. Wenn Open-Source-Software auf diese Art geschrieben werden müsste, gäbe es sie nicht.
Aber um die Frage zu beantworten: Literatur jedenfalls. Sehr wahrscheinlich ist das nicht, weil ich viele Leute kenne, deren Sachtexte ich mag und mit denen ich jederzeit zusammen schreiben würde. Bei erzählenden Texten müsste ich da zumindest lange nachdenken, auf Anhieb fällt mir praktisch niemand ein. Wenn man sich schreibenderweise im Netz kennenlernt, sind es eben meistens Sachtexte ... oder nein, das stimmt nicht: Ich halte mich einfach nicht genug an Orten im Netz auf, an denen etwas erzählt wird. Das müsste ich also zuerst ändern, bevor es weitergehen kann.
Dieses Kapitel wurde von Kathrin Passig geschrieben und am Montag, 30. April 2018, 16:40 Uhr veröffentlicht. Es enthält 268 Worte.
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