Eine Geschichte in 13 Kapiteln
Schreiben, Autor*innen und Co-Kreation

Co-Kreationen sind unter Autorinnen eine sehr umstrittene Sache. Während es zunehmend mehr erfolgreiche Bücher gibt, die von mehreren Autorinnen verfasst wurden, möchte die überwiegende Mehrheit der Schreibenden lieber selbst und alleine an einer ausgetüftelten Geschichte schreiben.

Stört eine zweite oder weitere Person den kreativen Schaffensprozess beim Schreiben? Dieser Frage will ich in ein paar Interviews nachgehen...

Dieses Kapitel wurde von Magnus geschrieben und am Freitag, 20. April 2018, 13:31 Uhr veröffentlicht. Es enthält 60 Worte.

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Elena ist Gemeinsam-Schreiberin, Erzieherin und studiert momentan noch.

Sie ist durch das gemeinsame Schreiben mit anderen überhaupt erst auf die Idee gekommen, tiefer in die Sphären des Autoren-/Schreibtums vorzudringen und zieht diese gemeinsame Form mit Freuden einem einsamen Schreiben vor. Sie twittert gerne im Sarkasmusmodus und freut sich über meine Interview-Anfrage.

Dieses Kapitel wurde von Magnus geschrieben und am Freitag, 20. April 2018, 16:21 Uhr veröffentlicht. Es enthält 51 Worte.

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Frage: Wie hast du deine Autorenschaft damals begonnen?

Du sagst, du bist über gemeinsames Schreiben zur Autorin geworden. Mit wem und was habt ihr gemeinsam verfasst?

Dieses Kapitel wurde von Magnus geschrieben und am Freitag, 20. April 2018, 16:27 Uhr veröffentlicht. Es enthält 26 Worte.

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Wir sind zufällig über ein Forum im Internet gestolpert.

Elena: Mit meiner damals besten Freundin habe ich viel Zeit im Internet verbracht. Unsere Familie hatte keinen Anschluss, also war ich oft bei ihr. Eines Tages sind wir auf ein Forum gestoßen, in dem man eben gemeinsam an Geschichten schreiben konnte. Ich hatte bis dato kaum mehr als die ganzen Aufsätze in der Schule geschrieben, war aber neugierig. Also suchten wir uns eine Geschichte aus, erstellten uns jeweils einen Charakter und begannen, die Gesichte aus der Sicht des jeweiligen Charakters weiterzuspinnen. Dies hat uns sehr viel Spaß gemacht und schnell wuchs die Zahl der eigenen Charaktere und die Teilnahme an weiteren Geschichten. Wir sprühten nur so vor Ideen, die kurz darauf dann auch im Forum landeten. Gemeinsam mit den Mitschreibenden von irgendwo anders her, erwuchsen unsere Ideen schließlich zum Leben.

In der allerersten Geschichte ging es um eine mittelalterliche Fantasywelt, die von einem Tyrannen an König regiert wurde und dessen Tochter einen Widerling ohnegleichen heiraten sollte. Mein dortiger Charakter (ein Schattenmagier) existiert heute noch und erinnert mich immer wieder an die Anfangszeit. Meine zweitliebste Geschichte handelte von einer postapokalyptischen Welt, in denen "Infizierte" die Welt mehr oder minder übernommen haben und es nur noch ein paar menschliche Bastionen gab, die sich gegen die Seuche zur Wehr setzen konnten. Und eine dritte Geschichte, an die ich mich noch erinnern kann, handelte von einem Megakonzern, einer "Wir hassen diesen Konzern"-Gruppierung und einem Mädchen mit besonderen Kräften. Das war dann auch die einzige Geschichte, an der nur Personen beteiligt waren, die ich persönlich gekannt habe.

Leider ist das Forum mittlerweile nicht mehr existent. Was wirklich schade um die ganzen Geschichten ist. Allerdings hat mein Hirn lange Zeit nach dem Niedergang des Forums noch an Ideen gesponnen, die ich in meine allererste eigene Geschichte gepackt habe.

So kam ich vom gemeinsamen Schreiben zum alleinigen Schreiben :-)

Dieses Kapitel wurde von Aerithx3x3 geschrieben und am Freitag, 20. April 2018, 16:52 Uhr veröffentlicht. Es enthält 311 Worte.

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Frage: Wie hat dich dieser eher unübliche Weg geprägt?

Erstaunlich, dass du den Weg von der Co-Kreation hin zur Einzelautorenschaft gegangen bist. Wie hat dich das beeinflusst, zuerst mit anderen "schreiben zu lernen"? Welche Auswirkungen findest du heute noch bei dir?

Das zu beantworten ist gar nicht so leicht.

Elena: Es ist deswegen nicht so leicht zu beantworten, da ich sowohl das gemeinsame Schreiben, als auch die alleinige Version noch heute annähernd gleichmäßig verteilt praktiziere und damit auch einen festen Kreis an Leuten um mich geschart habe, die in der Hinsicht des Schreibens eine ähnliche Mentalität aufweisen, wie ich selbst.

Ich denke, die Grenzen zwischen beiden Versionen sind da mittlerweile eher verflossen. Bei meinen eigenen Geschichten ertappe ich mich regelmäßig dabei, dass ich mich darüber mit meinen Schreibgenossen austausche und dadurch neuen Input bekomme. Und das nicht erst wenn es darum geht, Beta- oder Testlesermeinungen einzuholen. Ich reiche auch rohe Teilkapitel herum, ohne mir dabei groß Gedanken zu machen, ob das nun der richtige Zeitpunkt dafür ist, oder nicht. Bei den gemeinsamen Geschichten mag ich es auf der anderen Seite aber auch, meine Antwort geheim zu halten und einfach mal drauf los zu schreiben.

Im Großen und Ganzen kann ich aber schon sagen, dass es für mich sehr schwer ist, die eigene Kreation erst einmal im Geheimen zu schreiben und irgendwann, wenn sie dann mal fertig sein sollte, auf die Öffentlichkeit loszulassen. Dazu schätze ich die Ideen, die ich im Austausch mit anderen habe, einfach zu sehr.

skribi: Du bewertest also den kreativen Input von anderen für dich stärker, als deine Autorinnenfreiheit.

Das finde ich eine sehr interessante Sichtweise, vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass ich vermute, dass komplexe Geschichten doch einen gewichtigen Teil an Planung im Vorhinein erfordern.

Frage: Wie gehst du die Planung deiner Geschichten für dich alleine oder mit anderen zusammen an? Unterscheidet sich das?

Da gibt es gravierende Unterschiede!

Elena: Also um zuerst einmal eventuelle Missverständnisse aus dem Weg zu räumen: Ich finde sowohl den Input von Außen, als auch meine eigene Schreibfreiheit extrem wichtig für das Schreibgelingen. Immerhin bin ich es zum Schluss, die Ideen annimmt oder verwirft oder halt auf Grundlage einer Diskussion eigene Ideen entwickelt. Das heißt. z.B. auch, dass ich den Input von Außen gar nicht 1:1 übernehmen kann. Weil es niemals zu meinem Schreibstil passen würde.

Demnach würde ich meine Autorinnenfreiheit - das ist übrigens ein echt schönes Wort, danke - und den Einfluss der Inputs von Außen eher gleich gewichten :-)

Um zur eigentlichen Frage zurück zu kehren: Ja, die Planung unterscheidet sich schon grundlegend darin, dass ich bei alleinigen Projekten viele Notizen und Ideensammlungen anlege, was bei gemeinsamen Geschichten irgendwie wegfällt. Da übernehmen halt die Chats (Whatsapp, Skype, ...) das Protokoll und ich muss mich nicht weiter darum kümmern. Außerdem kann ich mir Gesprächsinhalte einfacher merken, als Dinge, die nur in meinem Kopf herum lungern :-)

Darüber hinaus überlege ich mir bei meinen eigenen Geschichten im Vorfeld jedes nur erdenkliche Merkmal der Welt, der Charaktere, etc. und halte das fest. Bei der Planung von gemeinsamen Geschichten bleibt vieles Anfangs einfach offen, weil man nie zu 100% wissen kann, in welche Richtung sich welcher Charakter entwickelt. Aber dazu dient dann ja der stete Austausch. Ein Beispiel ist hier eine, von ner Schreibfreundin kreierte Welt, mit ihren diversen Rassen und einer riesigen Familie im Mittelpunkt. Die Geschichte ist inhaltlich schon jahrelang vorgeplant, aber die einzelnen Handlungsstränge sind nur grob skizziert.

Ich bin der Meinung, dass man mit mehreren Leuten auch einfach eine gewisse Freiheit in der Gestaltung der Geschichte braucht, wodurch einzelne Planungspunkte einfach ausgelassen werden müssen. Wenn man selbst Herr über die Geschichte ist, kann man die Planung auch stringenter durchziehen.

Frage: Wie sieht typischerweise so ein kreativer Input von anderen aus?

Ich vermute, die Anregungen von anderen kommen in den unterschiedlichsten Formen vor. Was kommt da bei dir an? Welche Inputs sind für dich hilfreich und mit welchen kannst du eher wenig anfangen?

"Du musst unbedingt..." und ähnliche Scherze

Elena: Ja, es gibt diverse Formen und Möglichkeiten, wie so ein Input aussehen kann. Da ich mit meinen Schreibkumpanen meistens per Chats kommuniziere, ist die Diversität hier allerdings etwas beschränkt. Im Groben läuft das dann eher nach dem Schema F ab:

Ich erzähle von meiner Idee und/oder Textstelle, die ich geschrieben habe. Dann kommen irgendwelche Antworten im Sinne von "Oh! Da könntest du doch noch ..." oder "Wie wäre es mit ...?". Alternativ sagen die Leute, wie sie es finden und was ich aber noch bedenken müsste. Manchmal ploppen auch Bilder auf oder irgendwelche Gifs, die mit dem Thema so gar nichts zu tun haben lacht. An der ein oder anderen Stelle habe ich auch schon Videos geschickt bekommen.

Hilfreich finde ich immer solche Sätze/Medien/... , die mich zum Weiterdenken anspornen. Auch Assoziationen oder Mutmaßungen, in welche Richtungen sich die Handlung noch entwickeln kann, sind Ideenreichtum pur für mich. Womit ich allerdings herzlich wenig anfangen kann, sind solche Forderungen ala "Du MUSST unbedingt xyz!". Okay, innerhalb meiner Schreibgenossen herrscht ein recht ironisch/sarkastischer Standardton. Wenn solche Sätze allerdings ernst gemeint sind, hemmen die eher meinen Kreativitätsfluss. Da stellt sich nämlich direkt eine "Anti-Haltung" bei mir ein. "Das mach ich ganz bestimmt nicht, nur weil dus unbedingt so haben willst!"

skribi: Rückmeldungen als Gehirnbeschleuniger?

Ich lese da so ein bisschen heraus, dass du am ehesten mit Rückmeldungen in Form von Assoziationen kreativ herausgefordert wirst. Also hören, was die Leserinnen denken, wenn sie deine Zeilen lesen und wohin sie weiterdenken.

Frage: Wenn du Ratschläge an andere Autor*innen formulieren dürftest, was würdest du ihnen raten? Was sind die Dinge, die du weiter tragen möchtest oder die du gelernt hast und wichtig findest?

Finde deinen eigenen Weg!

Elena: Damit triffst du absolut ins Schwarze! Es hilft sehr zu sehen, in welche Richtungen die Leser/innen denken. Da tun sich manchmal auch Wege auf, auf die ich so gar nicht gekommen wäre. Und selbst wenn diese Ideen nicht in das Manuskript wandern, kurbeln sie doch sehr an meinem Denkvermögen :-)

Zur Frage: Was ich jedem nahelegen würde, der in irgendeiner Weise vor hat, ein Gemeinschaftsprojekt auf die Beine zu stellen, ist: "Probiere dich aus und finde deinen eigenen Zugang dazu." Ich lese immer wieder, dass ein/zwei gescheiterte Projekte direkt dazu geführt haben, dass Autoren die Flinte ins Korn geworfen und keinerlei Anstalten gemacht haben, diese negativen Erfahrungen in irgendeiner Weise ins Positive zu wandeln. Was ich absolut schade finde! Immerhin ist es mit Gemeinschaftsprojekten genauso, wie als würde man das schreiben lernen: Es ist pure Übung. Natürlich hängt es auch davon ab, ob man sich mit seinem/seinen Schreibpartner/n versteht & ob einem die Geschichte zusagt. Aber grundsätzlich ist es ein Ausprobieren und darin wachsen. Demnach sollte zu allererst abgewägt werden, ob man sich in einen solchen, doch sehr langwierigen Prozess begeben möchte und kann, bevor man Pläne anstellt, die solche Projekte betreffen.

Darüber hinaus muss man offen und ehrlich gegenüber seinem/seinen Schreibpartner/n sein. Wenn einen etwas stört, muss man es ansprechen. Wenn nicht, schadet es nicht, auch darüber zu sprechen. Findet man Lob oder Kritik an den geschriebenen Worten des/der anderen, immer raus damit. Wichtig finde ich hierbei, dass man nie den Menschen als solches kritisiert. "Du bist scheiße, weil dein Schreibstil scheiße ist." (Um es mal böse zu formulieren.) Es geht dabei immer darum, was geschrieben wurde und nur ganz allein darum. Oder um die Ideen oder den Plot. Also um die Geschichte. Nicht um das Gegenüber. Ach und wenn etwas kritisiert wurde, darf man das absolut und überhaupt nicht persönlich nehmen! Wie gesagt, es geht nicht um die Person.

skribi: Das sind tolle Tips für das Gemeinsam-Schreiben, vielen Dank! Eine letzte Frage...

...habe ich noch, denn ich würde die Perspektive gerne am Schluss einmal umdrehen.

Frage: Welche Frage würdest du mir in den Mund legen wollen, weil ich sie dich bisher nicht gefragt habe?