Eine Geschichte in 3 Kapiteln
Was bisher geschah…
“Das Buch ist in neue Hände gekommen!” sagte eine kratzige dunkle Stimme in einem fast ganz dunklen Raum über einem riesigen, kreisrunden Holztisch. Um den Tisch herum saßen Gestalten in dunkelgrünen Mänteln mit riesigen Kapuzen. Es mussten Mäntel sein oder vielleicht Roben, denn man konnte nichts von den Gestalten erkennen, sogar die Gesichter waren total verdeckt.
“Woher wissen wir das?”, fragte eine meckernde hohe Stimme, die aus einer der Roben herausdrang. “Das Buch wurde schon lange nicht mehr weitergegeben, warum ausgerechnet jetzt?”, setzte die Stimme nach.
“Der Kristall hat die Farbe verändert. Es ist eine neue Energie spürbar. Wir sind in einer anderen Lage. Es ist unverkennbar.” sagte eine kleine Stimme, ein bisschen zittrig, doch mit großer Sicherheit.
“Dann lasst uns den Rat eröffnen und einen Plan schmieden”, donnerte eine der Gestalten mit einer besonders großen Kapuze über den Tisch.
Luisa lag im Bett und starrte ins Dunkel. Im Haus war es still. Auch das Licht im Schlafzimmer ihrer Eltern war erloschen.
Luisa streckte ihren Arm aus und tastete nach dem Schalter ihrer Leselampe. Im Schein des warmen, gemütlichen Lichts setzte sie sich halb auf und schielte zu ihrem Schulranzen, der an seinem üblichen Platz gleich neben ihrem Schreibtisch stand. Normalerweise würde er auch völlig unberührt bleiben an Wochenenden. Sie hatte zig andere Sachen vor am Wochenende und verschwendete keinen Gedanken an die Schule. Außer es stand eine Klassenarbeit an. Dann musste sie doch ein bisschen lernen und üben. Dieses Wochenende war das nicht der Fall. Trotzdem konnte sie ihre Gedanken nicht von ihrem Schulranzen und seinem Inhalt lösen.
Sie musste immer wieder daran denken, wie sie in dem verlassenen, alten Haus mit Simon vor diesem uralten Regal voller Bücher stand. Simon hatte sie von hinten angetippt und ihr zugeraunt, dass sie schleunigst aus dem doch ziemlich unheimlichen Haus verschwinden sollten. Dank Simons coolem Trick hatten sie das Buch, das Lukas ihnen geklaut und dort versteckt hatte, schnell gefunden. Aber da war dieses Glimmen...
Sie konnte sich nicht von der Stelle rühren, dieser glimmende Buchrücken hatte sie völlig in seinen Bann gezogen. Ein schwacher Schein war von den Verzierungen des Buchrückens ausgegangen. Es hatte sich deutlich vom Rest abgehoben. Simon zeigte sich völlig unbeeindruckt. Ja, er schien dieses Glimmen gar nicht wahrzunehmen. Sie hatte sich umgedreht und hatte ihn gefragt: “Siehst du es auch?” Er hatte sie daraufhin nur verständnislos angeschaut.
“Was meinst du?”, hatte er sie gefragt.
Sie würde sonst nicht mal im Traum auf den Gedanken kommen, Sachen mitzunehmen, die anderen gehörten, aber irgend etwas an diesem Buch sprach sie an. Auf eine Art und Weise, die sie sonst nicht kannte. Sie konnte nicht anders und musste zu diesem Regal gehen. Kurzerhand beschloss sie, das Buch mitzunehmen, schnappte es sich vom Regal und ließ es in ihren Schulrucksack gleiten. Simon hatte sie ganz verwundert angeschaut.
“Ich bringe es die nächsten Tage zurück”, murmelte sie ihm zu. Rasch hatte sie ihn an der Hand gepackt und mit sich nach draussen gezogen.
Jetzt saß sie im Bett und fragte sich, was sie da geritten hatte. Sie hatte Simon gar keine Gelegenheit gegeben, zu fragen, wie sie dazu kam, das Buch einfach mitzunehmen. Sie waren sowieso viel zu spät dran und mussten den Heimweg schnell laufen, denn es hatte angefangen zu nieseln. Natürlich hatten sie beide keinen Regenschirm oder Kapuzen dabei gehabt. An ihrer Haustüre hatten sie sich atemlos verabschiedet und Simon war direkt weiter gerannt, um vor dem nächsten dicken Regenguss noch nach Hause zu kommen.
Luisa schlug ihre Bettdecke auf und kletterte vom Bett. Sie hatte das Buch mitgenommen und bevor sie es am Wochenende zurück bringen würde, wollte sie die Gelegenheit nutzen, das Buch näher anzuschauen. Dann könnte sie Simon auch besser erklären, warum sie das Buch hatte mitgehen lassen. Und dass er sie danach fragen würde, war so sicher, wie das Amen in der Kirche! Sie kannte ihren besten Freund. Er würde nicht locker lassen bis sie ihm eine plausible Erklärung lieferte.
Sie kniete sich vor den Schulranzen und griff nach dem Buch. Sie hatte noch nie zuvor solch ein Buch aus der Nähe gesehen. Es sah alt aus. Alt, nicht gebraucht, sondern eher sorgfältig handgemacht. Die Art des Einbandes war von ganz anderer Beschaffenheit als alle Bücher, die sie kannte. Sie konnte nicht sagen, aus was für einem Material der Einband bestand. Von vorne sah er schlicht aus. Er hatte kein Bild und keinen Titel. Lediglich der Buchrücken hatte eine seltsam anmutende Verzierung. Und eben diese hatte in der Dunkelheit des verlassenen Hauses ein seltsam anziehendes, schwaches Licht ausgestrahlt. Komisch, dass Simon es nicht gesehen hatte.
Sie ging mit dem Buch zurück zum Bett und kroch unter die Decke. Als sie ihre übliche, gemütliche Leseposition gefunden hatte, betrachtete sie das Buch nochmals genau. Irgendwie war es ein gutes Gefühl, es in der Hand zu halten. Als würde es in ihre Hände gehören. Ihre zuvor unruhigen Gedanken legten sich und sie merkte, wie müde sie eigentlich war. Sie würde sich das Buch gleich morgen genauer anschauen. Mit dem mysteriösen Buch in der Hand, das sie auf eine ganz eigentümliche Weise ansprach, schlief Luisa unmerklich ein.
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Dieses Kapitel wurde von Tania geschrieben und am Freitag, 02. Dezember 2022, 01:49 Uhr veröffentlicht. Es enthält 859 Worte.