Kapitel 16 - In dem ein gefährlicher Weg zurück genommen wird

“Er hat einen Traum gesandt!”, sagte die wohlbekannte kratzige, dunkle Stimme in dem fast ganz dunklen Raum über dem riesigen, kreisrunden Holztisch. Erneut saßen um den Tisch herum Gestalten in dunkelgrünen Mänteln mit den riesigen Kapuzen. Es wunderte nicht, dass man auch dieses Mal nichts von den Gestalten oder ihren Gesichtern sehen konnte.

“Woher wissen wir das?”, fragte die unvermeidliche, meckernde, hohe Stimme aus einer der Roben. “Schliesslich...”

“Ach komm, du alde Ziege, frog’ doch net immer so blöd!”, blaffte eine der Kapuzen. Ein Huf knallte auf den Tisch und es rummste ordentlich.
“Lass da Souris oifach erklära.” Der Huf, behaart mit beigem Fell, schlüpfte wieder unter den samtigen, dunkelgrünen Ärmel zurück und die kleine Stimme begann zögerlich.

“Die Konzentratspulen haben einen deutlichen Ausschlag gemeldet. Ein Traum muss den Fängern entkommen sein und in der Nähe ein schlafendes Wesen befallen haben. Ihre Majestät, die Regenbogen-Schlange befahl”, sagte die kleine Stimme, nun fast zitternd vor Ehrfurcht, “einen Machtschlucker um ihn herumzulegen. Er darf sich in der nächsten Zeit nicht mehr bewegen.”

Die Gestalt mit der besonders großen Kapuze kratzte verärgert mit ihren riesigen Krallen über den Holztisch.
“So eine Antilopenscheisse!”

Alle Kapuzen drehten sich ruckartig und empört zum unteren Tischende.


Sie hörten den Drachen hinter sich aus dem Wasserfall heraus stürmen, vollkommen beherrscht von dem Gedanken, die Kinder zu erwischen.

Neben ihnen richtete sich der Tiger zu seiner vollen Größe auf und brüllte furchterregend. Mit dem Gebrüll des Tigers schien sich eine starke Energiewelle auszubreiten, die den Drachen mitten im Lauf erwischte und gegen die Felsen des Wasserfalls warf. Der Aufprall des riesigen Drachenkörpers brachte die Steine um den Eingang der Höhle ins Wanken. Der Höhleneingang brach regelrecht ein. Der Drache erhob sich aus dem Wasser und schien etwas benommen, aber ohne schwere Verletzungen zu sein. Der heftige Aufprall hatte ihn wohl aus seiner Wut gerissen. Er schüttelte seinen riesigen Körper und sortierte sich. Der Tiger an ihrer Seite machte sich auf einen zweiten Angriff gefasst.

Plötzlich ging ein Ruck durch den Drachen und ganz entgegen ihrer Erwartung drehte sich der Drache von ihnen weg. Vor dem verschütteten Eingang der Höhle stieß er einen markerschütternden Schrei aus. Dieser Schrei hatte etwas Verzweifeltes und hallte von den umliegenden Felswänden wieder. Die drei Freunde schauten sich verstört an. Auch der Tiger schien nicht zu wissen, was da passierte.

Plötzlich hörten sie ein anderes Geräusch aus der Richtung der eingestürzten Höhle. Das Geräusch hatte etwas Fiependes und erinnerte an ein Jungtier, das nach seiner Mutter rief... Plötzlich fiel es Luisa wie Schuppen von den Augen: Der Drache ist eine Drachenmama! Wahrscheinlich war das Junge noch so klein, dass es im Schutz der Höhle bleiben sollte. Deshalb wohl hatte sich die Drachenmutter über ihre Langeweile beklagt. Sie wollte ihr Junges nicht allein lassen.

Luisas Freunde und der Tiger standen immer noch verwundert da und konnten sich keinen Reim auf das seltsame Verhalten des Drachen machen.

Die Drachenmutter versuchte inzwischen sich mit ihrem mächtigen Kopf und den riesigen Tatzen einen Weg in die Höhle freizumachen. Sie merkte dabei nicht, dass der durch den Aufprall des Drachen ohnehin schon bröckelnde Eingangsbereich, weiter einzustürzen drohte. Luisa fürchtete, dass das arme kleine Drachenjunge von herabfallenden Steinmassen erdrückt werden könnte. Ihr mitfühlendes Herz zog sich bei diesem Gedanken zusammen. Es war ihr ganz egal, wie wuterfüllt die Drachenmutter eben noch gebrüllt hatte und hinter ihnen hergejagt war. Luisa erinnerte sich, dass der Drache anfangs gesagt hatte, er würde Kindern eine Chance zu fliehen geben. Es musste der Mutterinstinkt der Drachenmutter gewesen sein.

Ohne groß nachzudenken, wollte sie das Drachenjunge unbedingt retten. Sie rief dem Drachen laut zu: “Nein, hör’ auf damit! Du bringst den Eingang der Höhle noch ganz zum Einsturz!”

Die Drachenmutter schien sie gehört zu haben und sackte in sich zusammen. Sie wusste wohl nicht mehr, was sie tun sollte. Der eingestürzte Eingang der Höhle war viel zu klein, als dass der riesige Drachenkörper hindurch passen würde. Nicht mal der Drachenkopf würde durch das übrig gebliebene Loch passen. Es war ihr also unmöglich, ihr Junges zu retten.

Zögernd wandte sich Luisa ihren Freunden und dem Tiger zu.
“Der Drache ist ein Weibchen und ihr Junges ist in der Höhle! Wahrscheinlich war’s ihr deswegen so langweilig, weil das Junge drin bleiben musste, bis es für draußen fit genung war.”

Wieder drang ein zartes Geräusch aus der verschlossenen Höhle. Sie alle konnten die Angst des Drachenjungen hören. Entschlossen wandte sich Luisa an den Tiger und fragte ihn: “Kannst du das Kleine von drinnen nach draußen holen, so wie du es eben mit uns allen gemacht hast?”

“Nein”, klang die Antwort in ihrem Kopf. Als Luisa ihn gerade fragen wollte, warum das nicht geht, kam ihr die Stimme zuvor: “Um zu teleportieren, muss ich ein Bild von meinem Ziel haben. Durch den Einsturz hat sich die Höhle aber verändert.” “Teleportieren?”, wiederholte Song ungläubig. Scheinbar hatte der Tiger zu allen Dreien gesprochen.
“So hast du uns also aus der Höhle nach draußen gebracht”, staunte Simon.

“Jungs, wir müssen sofort das Kleine da rausschaffen, bevor die Höhle einstürzt. Die Drachenmutter schafft es nicht! Sie ist zu groß”, wandte sich Luisa an ihre Freunde und blickte dabei auch den Tiger an.
“Luisa, spinnst du denn jetzt komplett?”, entgegnete Simon erbost.
“Deine Drachenmama wollte uns gerade mit ihrem Feuer grillen und du willst ihr jetzt helfen?” Auch in den goldbraunen Augen des Tigers sah sie dieselbe Frage.
“Ich will ja dem kleinen Drachen helfen”, entgegnete Luisa.
“Habt ihr vielleicht eine Idee?” Song schaute auch nicht sehr überzeugt.

Okay, ihre Freunde brauchten wohl noch ein bisschen, um ihre Überlegung zu verstehen. Sie wollte inzwischen schon mal die Lage prüfen.
“Ich schau mir das mal aus der Nähe an”, rief sie in die Runde und spurtete in Richtung Wasserfall los.

Die Drachenmutter versuchte währenddessen, ihr Junges zu beruhigen. Als Luisa durch das Wasser bis zur Drachenmutter gewatet war, fragte sie: “Wie kann ich helfen?”
“Ich habe eine schmale Öffnung zwischen den eingestürzten Steinen entdeckt”, erwiderte die Drachenmutter ohne Luisa anzuschauen.
“Du passt da sicher durch. Wenn du meinem Kleinen den Weg hier heraus zeigen könntest...”, fuhr sie fort. Luisa konnte den flehenden Unterton hören.

Am Ende war dieser mächtige Drache eben auch nur eine Mutter, die ihr Kind retten wollte! Luisas Entschluss stand fest. Sie würde ihr helfen.
“Ich bin gleich wieder da”, sagte sie zum Drachen und watete geschwind durch das Wasser zurück zu ihren Freunden.

Noch bevor Simon und Song etwas zu ihr sagen konnten, bemerkte Luisa, dass der Tiger nicht mehr da war. “Wo ist unser Tigerfreund hin”, fragte sie. Verwundert schauten sich Simon und Song an.
“Eben war er noch da. Wir haben uns so auf dich konzentriert, dass wir nicht bemerkt haben, dass er weg ist”, entgegnete ihr Simon.

Im selben Moment tauchte ein kleiner Fuchs aus dem nahe gelegenen Gebüsch auf und spazierte auf sie zu.

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